Gewinnen beginnt im Kopf:
mit Drucksituationen sehr gut klarkommen

Gibt es so etwas wie einen Heimvorteil?

Für gar nicht so wenige Athleten ist der Heimvorteil nicht wirklich ein Vorteil, denn man kann sagen, dass die Heimmannschaft immer ein klein wenig mehr Druck hat, da die Erwartungshaltung einfach größer ist, dass der Vorteil durch die Unterstützung der eigenen Fans und das Auflaufen im eigenen Stadion auch genützt wird. Dass es diesen Heimvorteil im gesamten betrachtet gibt, belegen z. B. die Statistiken der Fußball-Ligen eindrücklich. Die Auswärtsmannschaft hingegen kann tendenziell um einen Tick befreiter in das Spiel gehen.


Generell, was bedeutet Druck für einen Athleten, beispielsweise für einen Fußballer?

Wenn wir Druck fühlen im Körper, verändert sich auch der Muskeltonus. Ein erhöhter Muskeltonus wirkt sich negativ auf die Feinmotorik aus! Und diese feinmotorischen Fähigkeiten spielen im Fußball eine entscheidende Rolle.

Weshalb verzieht der eine Fußballer beim Schuss aufs Tor bei einer 100%igen Chance und der andere eben nicht? Weil es sich für die beiden im Körper unterschiedlich anfühlt. Und das wird eben erzeugt durch den Druck. Druck ist eine Sonderform von Angst und hat immer einen lähmenden Faktor. Bewegungsabläufe, welche im Training perfekt funktionierten, können dann im Spiel nicht mehr mit der gleichen Selbstverständlichkeit abgerufen werden.

Zudem wird mit der Zunahme des Drucks das oftmals unbewusste Bedürfnis nach Kontrolle größer. Somit kommt der Kopf stärker ins Spiel. Und genau dieses Verkopft-Sein bremst viele Athleten aus. Gefragt ist, Vertrauen in das eigene Tun und die eigene Intuition zu haben, und dann ist Leichtigkeit überhaupt erst möglich. Und ohne Leichtigkeit gibt es kein befreites Aufspielen und auch kein Flow-Gefühl.


Die Frage nach deinem WARUM ist entscheidend

WARUM spielst du Fußball? Was ist deine wahre Motivation? Vielfach kommen Antworten wie z. B. weil man gewinnen will, weil man Tore schießen will, oder weil man einfach Erfolg haben will. Genau diese Art der Ziele setzen dich aber unter Druck. Und wie oben schon gesagt, Druck ist eine Sonderform von Angst.

Das Gegenteil von Angst ist nicht Mut. Mut ist nur das andere Ende der gleichen Skala. Das wahre Gegenteil von Angst ist Liebe. Im Gefühl der Liebe bzw. Leidenschaft zu deinem Tun als Athlet fühlst du dich frei. Im Gefühl der Angst befindest du dich wie in einer Zwangsjacke, dem Zustand des Müssens. Alles fühlt sich dann eng an, ist blockiert und verkrampft. Diese Verkrampfung macht sich dann auch in einem erhöhten Muskeltonus bemerkbar.

Es ist daher als Trainer oder Athlet enorm wichtig zu wissen, wie man Druck aus den mentalen Systemen rausnehmen kann.

Wenn du bei deinem nächsten Spiel auf das Spielfeld aufläufst bzw. in deinen Wettkampf startest, dann habe vor deinem geistigen Auge Bilder und Begriffe, welche mit deiner Liebe zu deiner Sportart, eben deiner Leidenschaft, vielleicht auch mit Dankbarkeit, zu tun haben.


Welche Tools kann man in einem Sportmentalcoaching einem jungen Athleten mitgeben? Nehmen wir vielleicht nochmals Fußball als Beispiel:

Zu jedem beliebigen Zeitpunkt kann das Entscheidende in einem Fußballspiel passieren. Die Fußballer sind daher in einem permanenten Spannungszustand, von der ersten bis zur letzten Minute.

Es ist daher unbedingt notwendig, dass ein Fußballspieler lernt, diese Spannungszustände auch während eines Spiels zu regulieren. Da eignen sich kurze Atemübungen sehr gut: Atme durch die Nase ein und aus. Beim Einatmen hebt sich die Bauchdecke leicht an, beim Ausatmen senkt sich die Bauchdecke wie von selbst. Mache das Ausatmen ein klein wenig länger als das Einatmen und wenn du willst, kannst du beim Ausatmen deine Schultern auch leicht absinken lassen. Mache immer wieder mal während den Spielunterbrechungen 2 bis 3 derartige Atemzüge. Das wird dich spürbar chillen.

In meinen Sportcoachings arbeite ich auch ganz viel mit Bildern. Ein konkretes Beispiel für eine solche Visualisierung: Für das oben erwähnte Thema „Kontrolle versus Vertrauen“ verwende ich das Bild von einem Regler auf einem DJ-Mischpult. An dem einen Ende dieses Reglers steht die Zahl 0 und Kontrolle, am anderen Ende des Reglers steht die Zahl 10 und Vertrauen. Bei erfolgreichen Systemen muss der Regler irgendwo zwischen 7 und 8 stehen, also deutlich mehr in der Hälfte des Vertrauens. Mittels Visualisierungen lernen meine Athleten, den Regler genau dorthin zu schieben, wo er gerade notwendig ist. Das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten fördert den sportlichen Erfolg deutlich mehr als die Kontrolle über den Vorgang.

Vielleicht ist es jetzt auch besser verständlich, wenn ich es als Sportmentalcoach nicht wirklich gut finde, wenn z. B. bei Skirennen die Betreuer Informationen von Vorläufern bzw. von bereits im Ziel angekommenen Rennläufern rauf zum Start funken. Die Gefahr ist groß, dass der Kontroll-Modus, also dieses Verkopft-Sein, zu stark aktiviert wird, dass der Regler bewusst oder unbewusst in Richtung Kontrolle geschoben wird, also genau in die Richtung, von der wir eigentlich wegwollten. Dadurch geht dann wieder Leichtigkeit bzw. Unbekümmertheit verloren. Für die meisten Rennläufer wäre es besser, diese Funksprüche gar nicht erst anzuhören. Dieses Zuviel an Kontrolle hindert mehr als es nützt. Ähnliches gilt übrigens auch, wenn Fußballtrainer während eines Spiels ununterbrochen viele Anweisungen von der Seitenlinie an die Spieler geben. Und umso mehr gilt das noch, wenn das Spiel an sich schon hektisch ist.

“Das andere Training vor dem Training”

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