Panikattacken vor dem Wettkampf in den Griff bekommen
Kennst du das Gefühl, wenn du plötzlich Angst hast, einer Situation nicht gewachsen zu sein oder dich mit einem Fehler in einem entscheidenden Moment zu blamieren?
Fest etablierte Rituale signalisieren dir Sicherheit und Stabilität und sind eine effektive Art, mit Ängsten umzugehen. Die Abläufe vor einem Wettkampf sollten so gestaltet sein, dass sie deinen Bedürfnissen dienen. Diese Rituale können bereits am Tag vor dem Wettkampf starten.
Eine detaillierte Packliste für die Sporttasche, welche wirklich alles anführt, was du mitnehmen musst, eine Playlist mit Songs zum Entspannen, Visualisierungsübungen, am Vortag schon den genauen Weg zum Startort erkunden etc. können Bestandteile deiner Pre-Game Rituale sein. Überlasse so wenig wie möglich dem Zufall!
Ein bis zwei Stunden vor dem Wettkampf gilt es, den Geist in den Körper heim zu holen. Hierzu eignen sich ganz besonders gut Mindfulness-Übungen, welche auch perfekt mit deinen physischen Aufwärmübungen kombiniert werden können. Achte in dieser Phase unmittelbar vor dem Wettkampf auch unbedingt auf positive innere Monologe und lass nur noch Menschen deines Vertrauens an dich heran.
Wenn du nun aber ganz plötzlich eine Panikattacke vor dem Wettkampf erlebst und sofort etwas unternehmen möchtest, dann habe ich dir hier einige ganz konkrete Tipps angeführt.
BRINGE DEINEN FOKUS ZU DEINEM ATEM
Schließe deine Augen. Beobachte deinen Atem und folge zuerst mit deiner Aufmerksamkeit deinem natürlichen Atemrhythmus. Wenn deine Gedanken abschweifen sollten, dann führe den Fokus deiner Aufmerksamkeit wieder auf deinen Atem zurück. Dann nach ein oder zwei Minuten achte auf eine vertiefte Einatmung durch die Nase, so dass sich beim Einatmen die Bauchdecke leicht anhebt und beim Ausatmen wie von selbst wieder senkt. Das Ausatmen kann entweder durch die Nase oder den Mund erfolgen.
Bauchatmung chillt dich! Diesen Effekt verstärkst du zusätzlich, wenn du etwas länger aus- als einatmest. Viele Top-Athleten haben sehr gute Erfahrungen gemacht mit folgendem Atemrhythmus:
5 Sekunden einatmen – 2 Sekunden Atem anhalten – 8 Sekunden ausatmen.
Wenn du mit diesem Atemrhythmus kein gutes Gefühl hast, dann passe ihn auf deine Bedürfnisse an.
ACHTE AUF DEINE INNEREN MONOLOGE
Du kannst den Zustand deines Geistes nicht trennen von deiner körperlichen Leistungsfähigkeit. Das gehört zusammen. Jedes Mal, wenn du einen Gedanken hast, werden auch entsprechende chemische Botenstoffe in deinem Gehirn produziert. Diese Botenstoffe wiederum, die aufgrund deiner Gedanken produziert wurden, führen in deinem Körper dazu, dass du dich entsprechend deiner Gedanken auch fühlst. Du fühlst dich also auf körperlicher Ebene so, wie du denkst, und dann denkst du so, wie du dich körperlich fühlst. Ich sage meinen Athletinnen und Athleten immer, sie sollen sich die Inhalte ihrer inneren Monologe ähnlich sorgfältig auswählen, wie sie eben auch beim Kauf einer neuen Jeans im Geschäft sorgfältig auswählen.
Im Falle einer Panikattacke rede dir selbst gut zu. „Ich schaffe das!“ oder „Ich werde ruhiger!“ sind mögliche Affirmationen in so einer Situation. Du kannst gerne runterzählen von 10 bis 1 und dann jeweils bei jeder Zahl deine Affirmation mit leiser Stimme vor dir hersagen. Deine Augen sind beim Herunterzählen geschlossen und du versuchst, das was du sagst, auch zu „spüren“. Du kannst dir dabei auch gerne selbst zulächeln.
VERTRAUE IM WETTKAMPF AUF DEINE ERLERNTEN AUTOMATISMEN
Im Training darf dein kritischer Verstand dabei sein, die Dinge werden dort oftmals mit Hilfe von Trainern und Videos analysiert und besprochen. Ein lösungsorientiertes Vorgehen ist hier angesagt. Aber im Wettkampf gilt es auf die Automatismen zu vertrauen, den Geist weitestgehend zu beruhigen. Amerikaner sprechen vom „underperforming because of overthinking“.
Eine gewisse Unbekümmertheit ist gefragt. Denke an deine Kindheit zurück, als du es einfach gemacht hast und dich nicht darum geschert hast, ob deine Hose kaputtgehen bzw. eine Scheibe des Nachbarn eingeschossen werden könnte.
Mach es einfach!
NICHT-ICH-TECHNIK
Diese Technik ist im Grunde ein Rollenspiel. Du suchst dir ein Vorbild in deiner Sportart, welches über genau jene Persönlichkeitsmerkmale verfügt, welche du an dir (ein wenig) vermisst. Du studierst ganz genau, wie dein Vorbild bestimmte Situationen angeht und erfolgreich bewältigt.
Anleitung für die Nicht-Ich-Technik
→ Finde den Bereich heraus, wo dein innerer Kritiker ständig dazwischen pfuscht.
→ Suche dir ein Vorbild in deiner Sportart und stelle dir diese Person ganz genau vor mit möglichst all deinen Sinnen.
→ Übe zuerst im Kopf, wie dein Vorbild gewisse Situationen angeht. Dieses Üben könnte man auch gut vor dem Einschlafen machen.
→ Jedes Mal, wenn diese Situation dann im Wettkampf wirklich eintritt, schlüpfst du in dieses Vorbild und tust so, als ob du nun dieses Vorbild wärst.
Mentales Training: Versagensängste meistern – Tipps für Athleten
mit mindfulness-coach & sport-mentaltrainer mario reiser